Interview mit Peter Puck

von Frauke (Chefredaktion, www.comicgate.de)

22.01.2006

Peter Puck ist ein Comic-Altmeister und mit seiner sarkastischen Figur "Rudi" seit 20 Jahren auf dem deutschen Comicmarkt unterwegs. Trotz zahlreicher Rudi-BĂ€nde, der PrĂ€senz in diversen Stadtzeitungen und dem Magazin "Zack", eines Max-und-Moritz-Preises als "Bester Deutschsprachiger Comic-KĂŒnstler" und Kritikerlob von allen Seiten gilt er immer noch als Geheimtipp. Dies wĂŒrde er nun mit dem siebten Rudi-Band gerne Ă€ndern. Auf alteingesessene Rudi-Fans kommen deshalb ein paar VerĂ€nderungen zu.

Hallo Peter!

Alle vier Jahre einen neuen Rudi herauszubringen wird Dir sicher nicht den Lebensunterhalt sichern.

Verdienst Du Dir hauptsÀchlich mit Illustrationen Dein Geld? Wenn ja, gibt es Beispiele, die uns als Werbe-Zielgruppe schonmal irgendwo begegnet sein könnte?

 

Auftragsarbeiten und Rudi ist ungefĂ€hr so 50:50, aber im VerhĂ€ltnis zum Aufwand bringen die IlluauftrĂ€ge natĂŒrlich viel mehr Geld...und da gibt es relativ wenig, was an die Öffentlichkeit geht, also im klassischen Werbesektor...die meisten Cartoons, die ich mache, sind hauptsĂ€chlich fĂŒr die Interne Kommunikation großer Firmen wie Hewlett-Packard, Agilent, AOL, Bosch etc.

 

Ob man da wohl mal ein Beispiel sehen könnte?

 

Theoretisch ja ... ich habe Tonnen von dem Zeug hier rumliegen (und mit meinem Analogmodem ist es schwierig, da was Eingescanntes mitzuschicken), aber im Weltnetz fĂ€llt mir gerade nix ein, wo man das sehen könnte ... Das meiste erscheint in analoger papierbasierter Form oder in Intranetzen ... Gerade ist bei Piper ein Buch erschienen, das ich mit kleinen Cartoons illustriert habe: „Timmerbergs Reise ABC“.

Und mein Netzmeister möchte eine kleine Galerie auf peter-puck.de aufbauen ...

 

Du bist nach 20 Jahren zu Ehapa gewechselt und hast eine Kolorierung der Strips angestrebt, weil Du es (lt. Zack-Interview) leid warst, immer noch Geheimtipp zu sein. FĂŒhltest Du Dich von Deinem alten Verlag HeinzelmĂ€nnchen zu wenig unterstĂŒtzt, oder war da einfach nicht mehr drin?

Und kommt diese Überlegung nicht etwas sehr ... verzögert?

 

Ha ha, „verzögert“ ist gut! Was sind schon 20 Jahre fĂŒr einen Unsterblichen! Ich denke eben in großen ZeitrĂ€umen! ... Ich bin nicht zu Ehapa gewechselt, weil ich dachte, dass ich dort schlagartig den „ewigen Geheimtipp“-Status verliere, das kann dort genauso bleiben ... sondern weil HeinzelmĂ€nnchen seine verlegerischen AktivitĂ€ten ziemlich runtergefahren hat. Aber ich hoffe natĂŒrlich schon, dass bei Ehapa wegen der GrĂ¶ĂŸe und der Marktposition mehr drin ist als frĂŒher! Wobei man das auch nicht ĂŒberschĂ€tzen darf, Ehapa kann weder MillionenbetrĂ€ge ins Marketing stecken noch die Leute zwingen Rudi zu kaufen ...

 

Ist nun auch die Auflage gestiegen? Weißt Du, wie hoch sie ist?

 

Ist nicht gestiegen. Der neue Rudi startet mit 7000, die Neuauflage der alten mit 5000....

 

Wie viel Freiheit lÀsst man Dir bei Ehapa - Du bist ja ein alter Hase im GeschÀft und Rudi ist komplett auf Deinem Mist gewachsen. Musst Du nun mit dem Verlagswechsel irgendwelche Kompromisse eingehen?

 

Keine!

Also gut ... ein paar ... Ich bin z.B. vertraglich verpflichtet die Maybachs der GeschĂ€ftsleitung regelmĂ€ĂŸig zu waschen und so paar kleinere HausmeistertĂ€tigkeiten im Verlag ... aber nichts Schlimmes.

 

Was wĂŒrde passieren, wenn jetzt tatsĂ€chlich die Nachfrage nach Rudi immens steigen wĂŒrde - wĂŒrdest Du es schaffen (und wollen!), mehr als alle vier Jahre einen Band herauszubringen?

 

Erstens sind es alle drei Jahre, nur der letzte war vier und zweitens: Weder schaffen noch wollen! Auch wenn die meisten das vielleicht nicht bemerken: In Rudi steckt derartig viel Denk- und Arbeitsaufwand, Zeit und Energie und (Herz-)Blut, Schweiss und TrÀnen ... ich kann mir nicht vorstellen auf dem gewohnten inhaltlichen und zeichnerischen Niveau die Produktion signifikant zu steigern!

Und ich bin natĂŒrlich auch zu faul und zu langsam ...

 

Wie hat eigentlich Dein bisheriger Verlag HeinzelmÀnnchen auf diesen Umzug reagiert?

 

Heinz Herrmann hat schon immer gesagt, dass er mir, falls ich mal woanders hin möchte, keine Steine in den Weg legen wĂŒrde. Insofern ging das relativ unspektakulĂ€r ĂŒber die BĂŒhne ...

 

Sind die Arbeitsbedingungen (HeinzelmÀnnchen/Ehapa) sehr unterschiedlich?

 

Bis jetzt merke ich ĂŒberhaupt keine Unterschiede (bis auf das mit dem Autowaschen ...); Ehapa kommt mir in allem sehr entgegen, alles wird so gemacht wie ich es will, ich habe die totale kĂŒnstlerische Kontrolle ... (HĂ€ hĂ€, das wird sich wohl bald Ă€ndern, wenn die Verkaufszahlen nicht die Erwartungen erfĂŒllen! ;) )

 

Der neue Band ist erstmals farbig, und auch die alten BĂ€nde sollen bei ECC in Farbe neu aufgelegt werden.

Ist die Kolorierung komplett auf Deinen eigenen Wunsch geschehen, oder hatte das auch etwas mit dem Verlagswechsel zu tun?

[Dazu muss ich sagen, dass eigentlich alle Rudi-Leser in meinem Bekanntenkreis eher verhalten auf die farbigen Strips reagieren ... Eine Neuauflage finde ich ĂŒbrigens prinzipiell gut, da einige unserer Rudis schon nach zweimal Lesen auseinandergefallen sind.]

 

Was hast Du denn fĂŒr einen Bekanntenkreis?!....Ich hoffe mal, die sind nicht besonders reprĂ€sentativ!!....Ist klar, daß einige verknöcherte Erzkonservative, die 20 Jahre Rudi in schwarzweiß gewöhnt sind, sich auf ihre alten Tage nicht mehr umgewöhnen können...;)...Aber im Ernst: Rudi ist fĂŒr die meisten Fans ein klassischer Schwarz-Weiss-Comic und in Farbe eher ungewohnt, aber

  1. tut die Colorierung gerade den sehr unĂŒbersichtlichen und ĂŒberfĂŒllten Seiten sehr gut, man wird optisch nicht mehr erschlagen und die Texte wirken leichter lesbar und
  2. erhoffen wir uns von der Farbe, vielleicht an neue Lesermillionen ranzukommen, die Rudi in s/w nicht so attraktiv fanden....und
  3. habe ich mit AndrĂ© Kurzawe aus Berlin einen kongenialen Koloristen gefunden, der die Seiten sehr sensibel und ĂŒberlegt koloriert. (Nachdem meine russischen Bekannten mal ein klĂ€rendes GesprĂ€ch mit ihm gefĂŒhrt haben!)

 

Nun ja, die Leute in meinem Bekanntenkreis sind so um die 30, sehr verknöchert sehen die noch nicht aus. ;)

Zur Erschließung neuer Leser: ich wĂŒnsche es Dir, dass der Plan aufgeht, aber es gibt ja durchaus Leute, die gerade das Schwarz-Weiß geschĂ€tzt haben. Hoffen wir mal, dass die sich mit der Zeit dran gewöhnen.

 

(Seufz) Also gut, wenn’s genug von Euch Hardcore-s/w-Fundamentalisten geben sollte und Ihr dem Verlag mit Selbstmordattentaten droht, bringen die bestimmt noch eine schweineteure Liebhaberkomplettausgabe in schwarz-weiß raus ... Bei uns ist der Leser König! ... Ehrlich, Du! Ohne Scheiß! Ich schwör!

(Übrigens: man kann auch um die 30 schon verknöchert sein und die heutige Jugend altert sowieso schneller als wir damals! ...)

 

Jahrelang konnte man den monatlichen Online-Rudi auf Lift online lesen. Warum ist er nun nur noch auf peter-puck.de zu finden?

 

Weil lift nicht viel davon hat, das Zeug kostenlos ins Internet zu stellen....

 

Außer höhere Zugriffszahlen. ;)

 

Ja, aber das scheint sie nicht zu reizen....

 

Ups, und ich Schelm ging bis jetzt immer davon aus, Du hÀttest ihnen den Hahn zugedreht...

 Wie sehr bist Du eigentlich bei peter-puck.de involviert?

 

Das ist eigentlich eine Fanpage von HaJo Netzlaff, einem Rudi-Fan und Computerprofi. Beim vanity googeln bin ich zufĂ€llig auf sie gestoßen und habe mich bei ihm gemeldet. Es hat sich rausgestellt, dass er nur paar Kilometer weg wohnt...Er macht sich sehr viel MĂŒhe mit der Seite und betreut sie sehr zuverlĂ€ssig und ich liefere halt ab und zu paar Infos und bisschen Material.

Ich habe weder Zeit noch Lust noch das Know-How, eine eigene Seite zu unterhalten und bin heilfroh, dass das jemand aus lauter Menschenfreundlichkeit fĂŒr mich macht und mir so ne Menge Arbeit und Zeitaufwand abnimmt....!

DANKE, HaJo!

 

Vanity googeln ... Ein schöner Ausdruck, den kannte ich noch gar nicht.

 

Kannst Du auch nicht, den habe ich extra fĂŒr die Antwort erfunden. Klingt aber sehr „Profi-Surfer-SlangmĂ€ĂŸig“, gell?*

 

Doch ja, gut angetÀuscht.

 Bekommen wir denn eigentlich noch einen Schlussgag fĂŒr den November-Rudi? ;)

 

Eine zweite Seite ist schon als Anhang zur Story erschienen....Ist aber nicht direkt ein Schlussgag ...

 

Stimmt, der streckt das Ganze ja eher noch.

 Ich bin vor zehn Jahren durch die Bielefelder Ultimo auf Rudi gestoßen. Werden eigentlich immer noch Folgen in Stadtmagazinen abgedruckt, oder hast Du das eingestellt?

 

Rudi erscheint weiter regelmĂ€ĂŸig in verschiedenen Stadtmagazinen, unter anderem im Ultimo ... aber soviel ich weiß leider nur in der MĂŒnsteraner Ausgabe....Und von wegen eingestellt: Ich wĂŒrde Rudi gerne in noch viel mehr Stadtmagazinen veröffentlichen!

 

Werden alle Online-Rudis in die Alben aufgenommen? Und gibt es exklusive Folgen, die nur im Album zu finden sind?

 

Wie der Name sagt sind die Alben SammelbĂ€nde aller erschienenen Rudis, im neuen Band gibt’s kein Exklusivmaterial und was mal online war, ist auch im Album, aber nicht alles aus dem Album war mal online, glaub ich ... Soweit alles klar? ;)

 

Öhm ... nö. Aber Du wirst schon wissen, was Du tust.

 Wie lange brauchst Du in etwa fĂŒr Deine normalen einseitigen Strips?

 

Ca. zwei Wochen.

 

Was ist denn zuerst da – Text oder Zeichnungen? Und wie oft formst Du dabei den Text um, bis er endlich in die Sprechblasen passt?

 

Das ist jedesmal verschieden und geht oft sehr durcheinander. In der Regel aber zuerst der Text... Und an dem wird ewig rumgebastelt und gefeilt und versucht zu straffen. Und dann fÀllt mir beim Lettern noch ein Halbsatzgag ein und den quetsche ich dann auch noch irgendwie rein....

 

Selbst das Lettering ist bei Dir ja noch Handarbeit – arbeitest Du also komplett „analog“?

 

Gottseidank! Das erspart mir definitiv jede Masse Zeit und Ärger!!

Aber in letzter Zeit mache ich doch auch einiges mit dem Rechner, visuelle Effekte, Typo u.Ă€.

 

Du setzt hĂ€ufig Prototypen ein – so sind die Sachsen oft prollig und/oder Neonazis, Bayern sind simpel gestrickte Dörfler. Kennst Du solche Leute wirklich, oder bedienst Du Dich da einfach bei den jeweiligen Klischees?

 

Das sind platteste Klischees, die durch diesen bewussten Einsatz aber auch wieder parodiert und damit als Klischee kenntlich werden sollen. Und trotzdem haben Klischees ja auch immer ihren realen (Hinter)grund...

 

Werden wir eigentlich noch mal Alfi mit einer wichtigen Rolle in einer Geschichte  zu Gesicht bekommen – und Rudis Schwester (außer auf dem Cover eines Herrenmagazins)?

 

Die beiden und viele andere sind „Funktionsfiguren“, die kommen dann vor, wenn man sie fĂŒr die Geschichte oder einen Gag braucht, sie sind recht eindimensional ... Alfi z.B. ist „nur“ das lĂ€ndliche, naive, positiv-optimistische, unverdorbene, ungekĂŒnstelte GegenstĂŒck zum urbanen, desillusionierten, miesepetrigen, abgeklĂ€rten Zyniker Rudi. Die möglichen Gags mit Alfi habe ich alle schon gemacht; wenn er wieder auftaucht hat das eher den Charakter des Selbstzitats.

 

Zum ersten Mal erfahren wir im neuen Band etwas mehr ĂŒber Rudis HintergrĂŒnde  – er ist Langzeitstudent, und wir bekommen seine Eltern zu Gesicht. Hast Du diesen Teil seines Lebens vorher bewusst weggelassen?

 

Das ist wie in Entenhausen: Wenn fĂŒr die Geschichte ein riesiger Berg gebraucht wird, hat Entenhausen einen riesigen Berg. Eine Insel im Meer vor der Stadt? Entenhausen liegt am Meer und vor der KĂŒste eine Insel. usw. Das sind keine fertigen, definierten Welten. Die werden je nach Bedarf geschaffen. Wenn aber nochmal Rudis Eltern auftauchen sollten, sind sie jetzt bereits in Aussehen und Charakter vorgegeben und ein Teil der Rudiwelt geworden. Vielleicht brauche ich fĂŒr eine Story plötzlich einen Bruder Rudis – und ZACK! Schon hat er auch noch einen Bruder! Wieder ein Mosaiksteinchen im Rudi-Universum ... ;)

 

Du parodierst viele bekannte Comicfiguren, u.a. Die SchlĂŒmpfe und  Asterix. Gibt es da nicht Probleme mit dem Urheberrecht?

 

PSSST!!!! Nicht so laut!!!!!

 

Jaja, ich bin ja schon still ...

 Setzt Du Dir selber Deadlines? Arbeitest Du regelmĂ€ĂŸig oder produzierst Du die Strips eher stoßweise?

 

Pro Monat eine Seite, die Deadline wird vom Redaktionsschluss von lift vorgegeben, die ich aber aus verschiedenen GrĂŒnden manchmal nicht einhalten kann und dann meine berĂŒchtigten „Notseiten“ machen muss ...

Ich habe seit 20 Jahren nichts auf Vorrat ‚in der Schublade‘. Und wenn ich mir selber Deadlines setzen könnte, wĂ€re jetzt gerade mal der zweite Band erschienen ...

 

LĂ€ngere Geschichten gibt es bei Dir eher selten. Warum?

 

Weil ich eben primĂ€r fĂŒr die Stadtmagazine produziere und da sind Einseiter vorgesehen, daher auch die brutale Dichte der Seiten. Ich erzĂ€hle Geschichten, die man gut auf vier Seiten erzĂ€hlen könnte, auf einer.

 

Ist das dann nicht eine sehr einzwÀngende Arbeitshaltung? Bist Du der Erscheinungsform der Stadtmagazine so verbunden?

 

Ich bin froh, wenn ich die eine Seite fertig habe ... Auf Mehrseiter bin ich gar nicht so scharf ....

 

Hast Du nach all den Jahren nicht auch irgendwann mal die Schnauze voll von Rudi und wĂŒrdest gerne was komplett anderes zeichnen?

 

Das ist tatsĂ€chlich seit einiger Zeit mein Problem! Jeden Monat bis zu einem bestimmten Termin eine gute Seite hinzubekommen wird nach 20 Jahren nicht leichter, sondern immer schwieriger. Vor allem der Termindruck macht mir sehr zu schaffen. Und Rudi ist nun mal sehr aufwendig, die Rudi-Leser sind anspruchsvoll und ein hohes Niveau, z.B. bei der GagqualitĂ€t und –dichte gewöhnt. Da ich immer mehr AuftrĂ€ge bekomme, die ich schon aus finanziellen GrĂŒnden annehmen muss, habe ich oft fĂŒr Rudi einfach zu wenig Zeit. Eine Rudigeschichte auszuarbeiten braucht Muße, Zeitdruck ist da eher blockierend ... Obwohl ich sehr an meinem Freund Rudi hĂ€nge, hĂ€ngt er mir manchmal wie ein schwerer Klotz am Bein. Deshalb habe ich den neuen Band ĂŒbrigens auch ‚Immer Ärger mit Rudi‘ genannt, das bezieht sich nĂ€mlich auf mich...

 

Und? Gibt es denn konkrete PlĂ€ne, Dich mal inhaltlich von Rudi zu befreien? Und wĂ€re es interessant fĂŒr Dich, auch mal in einem anderen Stil zu zeichnen?

 

Ich kann nur fĂŒr Dich hoffen, dass Rudi dieses Interview nie zu Gesicht bekommt! Der nimmt solche Frageformulierungen sehr persönlich!! ...“Von Rudi BEFREIEN“!!!

Wenn der das liest, bist du tot, Baby!

 

Das war dann wohl eher ein "nein"... ;)

Wie viel Kontakt hast Du eigentlich zu den Rudi-Lesern? Bekommst Du viel Resonanz?

 

Wenn ich morgens aus meinem Atelierfenster schaue, stehen immer ein paar Dutzend vor dem Haus und singen ChorĂ€le fĂŒr mich. Könnte man das als „Resonanz“ bezeichnen?

Ansonsten besteht unser „Kontakt“ darin, dass die Rudi-Leser meinen Lebensunterhalt finanzieren, wofĂŒr ich ihnen an dieser Stelle auch mal ernsthaft danken möchte.

Ich bekomme aber ĂŒbers Weltnetz immer mehr Ansprache (sogar aus DĂ€nemark und Argentinien), und am ehesten lerne ich meine Leser bei (seltenen) Signierterminen kennen. Ich bin manchmal ĂŒberrascht, welche Leute alles Rudi lesen ...

 

Gibt es Zeichnerkollegen, von denen Du Fan bist oder die Du fĂŒr irgendetwas bewunderst?

 

Viele. Ich bewundere viele Zeichner fĂŒr ihre zeichnerische Brillianz, vor allem fĂŒr ihre Bildaufteilung und Bildökonomie, ihren narrativen Zeichenstil usw. Als Comiczeichner im Sinn visuell-sequentiellen ErzĂ€hlens bin ich alles andere als gut ... aber das versteht jetzt sowieso keiner.

Und einige beneide ich um ihre Schnelligkeit und ProduktivitÀt.

 

Och, viele unserer Leser sind zeichnerisch interessiert. Bitte erzÀhl doch mal genauer, was Du denn an Problemen bei Dir siehst, die Deiner Meinung nach andere elegant lösen.

 

Ich habe wenig gezeichnete RĂ€ume und AtmosphĂ€re, wenig HintergrĂŒnde. Wenig Figuren im Raum. Meist nur ‚Talking Heads‘. Ich erzĂ€hle nicht mit Bildern, sondern mit Worten. Ich habe kaum Sequenzen. Wenig Bewegung. Wenig Perspektiven und ungewöhnliche ‚Kamera‘einstellungen. Das wĂ€ren alles sehr comicspezifische Sachen.

Wenn andere Comics Filme sind, ist Rudi eher KleinkunstbĂŒhne ...

 

Liest Du selber Comics? Gibt es einen absoluten Liebling von Dir?

 

Ich lese wenig Comics und bin auch nicht sonderlich gut informiert, was es gerade so gibt ... meine Favoriten sind eigentlich die Comics meiner Kindheit und Jugendzeit, die mich auch geprÀgt haben: Donald, Asterix, Lucky Luke, Gaston (Jo-Jo), Spirou (Pit & Pikkolo), spÀter Freak Brothers, Calvin & Hobbes ...

 

Neben Deinen ZeichentĂ€tigkeiten bist Du ja auch als DJ tĂ€tig - so hast Du z.B. beim letzten Comic-Salon 2004 aufgelegt.

Ist das nur ein Hobby, oder betreibst Du es ernsthafter? Seit wann machst Du das schon, und welche Stilrichtung(en) bevorzugst Du?

 

Das ist ein ernsthaft betriebenes Hobby! Djing macht mir brutal Spaß! Ich mache das sporadisch seit den 80ern und in den letzten Jahren intensiver. Meine Spezialgebiete sind: 70er, 70erPunk Rock, Elektro ... aber vor allem TĂŒrkischer und Orientalischer Pop und Dancefloor.Vielleicht bin ich sogar der einzige Deutsche, der T-Pop auflegt. Ich habe inzwischen eine amtliche Sammlung, hunderte von tĂŒrkischen CDs .... Ich finde die Fusion aus westlicher und orientalischer Musik absolut faszinierend - und ich glaube, ich habe ein gutes HĂ€ndchen (und Öhrchen) beim Auflegen ...

 

Wie bist Du denn ĂŒberhaupt in Kontakt mit T-Pop gekommen? Hast Du auch schon mal in der Heimat dieser Musik aufgelegt?

 

Leider nein ... das wĂ€re ein Traum, tagsĂŒber am Strand und abends in 'ner Open-Air-Disse auflegen! In meinem ersten TĂŒrkeiurlaub habe ich mir interessehalber mal zwei CDs gekauft und dann festgestellt, wie genial die Musik ist. Dann habe ich hier in TĂŒrkenramschlĂ€den angefangen, ohne jede Vorkenntnis CDs zu kaufen ..n nach Cover, alles was irgendwie bisschen moderner aussah, ohne die Interpreten zu kennen. Dabei hatte ich die ganze Zeit die BefĂŒrchtung, dass ich da gerade die CD vom tĂŒrkischen Roland Kaiser oder Heino toll finde, aber der musikalische Instinkt trĂŒgt eben nicht, man hört tatsĂ€chlich auch bei völlig fremdartiger Musik, ob sie „gut“ ist oder nicht

Dann habe ich mich immer mehr eingearbeitet, sogar an der Uni TĂŒrkisch gelernt ... und irgendwann mal gewagt, fĂŒr ein tĂŒrkisches Publikum aufzulegen. Das hĂ€tte gut in die Hose gehen können, war aber erfolgreich ... und so weiter. Inzwischen kann ich auch fĂŒr ein gemischtes Publikum aus TĂŒrken, Griechen, Arabern und Deutschen Musik machen.

 

Als letzte Frage: Gibt es etwas, das Du noch unbedingt in Deinem Leben erreichen willst?

 

Mein grĂ¶ĂŸtes Lebensziel habe ich heute erreicht: Ich durfte Comicgate ein Interview geben!

 

Du bist aber ganz schön frech fĂŒr Dein Alter!

 

Vielleicht noch das: Ich möchte morgen frĂŒh aufwachen und wieder Nichtraucher sein.

Und ich möchte nicht mehr Àlter werden.

Und ein paar Millionen Oiro hĂ€tte ich auch gern, das wĂŒrde mir einige Probleme lösen helfen.

Und eine 9mm MP5A3 von Heckler&Koch, mit der ich ungestraft einige Leute erschießen könnte ... und dann noch einen ... Wie? Interview zu Ende? ... Och, schade!

 

Danke fĂŒr die Beantwortung der Fragen und alles Gute fĂŒr Dich (und natĂŒrlich Rudi)!